„Ich sehe schon die Leute mit den Zitronen in den Händen, aber sie werden sagen, er war ein guter Mensch, ein guter Mensch.“

aus „Woyzeck“, Georg Büchner 1837
ROSEN UND ZITRONEN
Anlässlich seines 60-jährigen Jubiläums lud mich das ISAS Institut Dortmund zu einem Kunst am Bau Wettbewerb ein. Das ISAS ist Mitglied der Leibnitz-Gemeinschaft und forscht hauptsächlich in den Bereichen Material- und Grenzflächenanalytik sowie Bioanalytik. Für die Forschungen sind nicht nur bestens ausgebildete Wissenschaftler sondern auch hochtechnologisierte Werkzeuge notwendig. So konnte ich für meine künstlerische Arbeit das dortige Rasterlektronenmikroskop (REM) nutzen. Ich mikroskopierte Bestandteile einer roten Rose, Laubblatt, Dorn und Blütenblatt sowie Bestandteile einer Zitrone, Schale, Fruchtfleisch und Kern.

Blumen und Blüten symbolisieren in der Kunst vor allem die weibliche Schönheit und fleischliche Lust. Aufgrund der kurzen Lebensdauer steht das Florale auch für das Vergängliche auf Erden. So finden sich Blumen in der niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts als Bestandteil der Vanitassymbolik. Die Vanitasmalerei erreichte ihren Höhepunkt im Barock. Zur gleichen Zeit setzte sich die Rose in Europa als Königin der Blumen durch. Als Symbol der Liebe gelten rote Rosen aber schon seit dem Altertum.

Der Ursprung der Zitrone ist nicht vollständig geklärt. Vermutlich ist die Zitrone eine Kreuzung aus mehreren Zitrusfrüchten wie der Bitterorange und der dickschaligen Zitronatzitrone, entstanden in Nordindien um ca. 1.000 nach Christus. Über den damaligen islamischen Kulturraum gelangte die Zitrone von Indien nach Spanien und Süditalien. Dort wurden Zitronen ab dem 13. Jahrhundert angebaut.

1347 erreichte die Pest über Sizilien Europa und forderte innerhalb von 6 Jahren 25 Mio. Todesopfer. Jeder dritte Europäer wurde Opfer des „Schwarzen Todes“. Zu dieser Zeit war medizinisches Wissen kaum entwickelt. Man wusste nichts über Krankheitserreger und folgte dem Glauben, dass schlechte Gerüche zu Krankheiten führen würden. So trug bei einem Begräbnis die Trauergesellschaft zum eigenen Schutz Zitronen oder andere Zitrusfrüchte in den Händen. Bis zur erstmaligen Entdeckung eines Krankheitserregers durch Robert Koch im Jahre 1876 galt die Zitrone deshalb als Trauersymbol.

Liebe und Trauer sind ein Gegensatzpaar, welches jedoch zusammengehört wie Yin und Yang. Ich habe mich für eine schwarzweiße Umsetzung entschieden, da ich Liebe und Trauer in purer Form zeigen möchte. Die Bilder sind aus jeweils drei unterschiedlichen Einzelbildern montiert, ganz wie ein mittelalterlicher Flügelaltar. Die Proben zeigen weitere Einzelbilder.

Für das Kunstfestival Rundlauf tapezierte ich 2014 verschiedene Mikrografien aus dieser Serie in den öffentlichen Raum Bochums. Ich wählte hierfür sehr markante Stellen an den Eckpunkten der Bochumer Speckschweiz, der Stadtteil, in dem das Kunstfestival stattfand. Aufgrund der sehr großformatigen Bilder wuchs nun der Vergrößerungsfaktor ins Gigantische.

Print Icon